Warum kommt es zu Implantationsversagen und wie sehen die Chancen aus, trotzdem schwanger zu werden? In diesem Artikel möchte ich dir die Definition, die Ursachen und eine Studie zur Prognose bei Implantationsversagen vorstellen.
Implantationsversagen: Keine Einnistung nach Transfer
Kommt es trotz mehrmaligem Transfer von qualitativ guten Blastozysten oder Embryonen zu keiner Einnistung, spricht man von Implantations- oder auch Einnistungsversagen (Repeated Imlantation Failure, RIF).
Die am häufigsten verwendete Definition des Einnistungsversagens beschreibt eine Frau unter 40 Jahren, die mindestens drei Mal das Einsetzen von mindestens jeweils 1 – 2 Embryonen oder Blastozysten von sehr guter Qualität im Frischetransfer mit anschließendem negativen Schwangerschaftstest durchlaufen hat.
Alternativ wird der Transfer von mindestens 10 Embryonen in mehreren Frische- oder Kryozyklen genannt.
Warum findet keine Einnistung statt?
Folgende Gründe können eine Rolle dabei spielen, dass die Einnistung des Embryos / Blastozyste ausbleibt:
Mütterliche Faktoren
- Organische Ursachen: Anatomische Fehlbildungen der Gebärmutter, Verwachsungen, Gebärmutterschleimhautpolypen etc.
- Entzündung der Gebärmutter
- Eingeschränkte Aufnahmemöglichkeit der Gebärmutterschleimhaut
- Gerinnungsstörung (Thrombophilie)
- Immunologische Faktoren: Bei manchen Frauen wird der Embryo aufgrund einer Störung des Immunsystems als schädlicher Eindringling bewertet. Als Folge treten Probleme bei der Einnistung auf.
- Eizellqualität: Eine gute Eizelle bildet die Basis für einen Embryo guter Qualität
- Genetische Eigenschaften, die zu keiner Einnistung oder zu einem nicht lebensfähigen Kind führen
- Hormonelle Ursachen: Fehlende Balance der Hormone verhindert oder erschwert die Einnistung, z.B. Gelbkörperschwäche (Progesterion), Schilddrüsenprobleme
Nützlicher Artikel:
- Pimp my eggs: Eizellqualität verbessern
- Pimp my sperm: Spermienqualität verbessern
- Gebärmutterschleimhaut: 7 Tipps, um die Einnistung zu fördern!
Embryofaktoren
- Zu langsame Embryonenentwicklung
- Verminderte Embryonenqualität
- Genetische Faktoren: Erbgutanalyse bei Frau und Mann zeigt mögliche Erklärungen für das Implantationsversagen auf
- Unfähigkeit des Embryos aus der Follikelhülle zu schlüpfen
Väterliche Faktoren
- Eingeschränkte Spermienqualität
- Genetische Eigenschaften des Vaters, die zu einem nicht lebensfähigen Kind führen
Diagnostik von Implantationsversagen
Um die Ursachen für ein Implantationsversagen herauszufinden, können folgende Untersuchungen sinnvoll sein:
- Humangenetische Beratung und Untersuchung beider Partner bei einem Facharzt für Humangenetik
- Hormonanalyse bei der Frau
- Gebärmutterspiegelung (Hysteroskopie), evtl. Gewebeprobe der Gebärmutterschleimhaut
- Gerinnungsdiagnostik
- Immundiagnostik
- ERA-Test (Endometrial Receptivity Array): Verfahren, um herauszufinden, ob die Gebärmutterschschleimhaut während des Implantationsfensters aufnahembereit ist.
- Polkörperdiagnostik
- Spermiogramm und DNA-Fragmentation
Leider gibt es Paare, bei denen auch nach umfangreicher Diagnostik keine Ursache für das Implantationsversagen gefunden werden können.
- Idiopathische Sterilität: Bringt eine IVF die besseren Chancen?
- Idiopathische Sterilität: Warum es Hoffnung für Paare gibt
Wie sieht die Prognose aus?
Eine Studie aus den Niederlanden hat sich mit der Frage beschäftigt, wie hoch die kumulative Häufigkeit von Lebendgeburten und die mittlere Zeit bis zur Schwangerschaft bei Frauen mit Einnistungsversagen nach IVF/ICSI-Behandlungen ist.
Die Anzahl der Lebendgeburten enthält alle Schwangerschaften, die sowohl durch eine IVF/ICSI oder durch eine natürliche Empfängnis entstanden sind.
Die Wissenschaftler haben dazu retrospektiv die Daten von 223 Frauen unter 39 Jahren in einem Zeitfenster von 5,5 Jahren ausgewertet.
Diese Frauen hatten alle ein Einnistungsversagen nach IVF oder ICSI Behandlungen erfahren. Die Ursache dafür konnte nicht festgestellt werden.
Die Ergebnisse:
- Bei 49% der Frauen kam es zu einer Lebendgeburt, wobei 18% dieser Frauen ihr Baby im natürlichen Zyklus ohne Behandlung empfangen haben.
- Es wurde ein durchschnittlicher Zeitraum bis zur Schwangerschaft, die zu einer Lebendgeburt führte, von 9 Monaten nach Diagnose des Implantationsversagens festgestellt.
- 51% der Frauen konnten kein Kind während der 5,5 Jahre langen Nachbeobachtungszeit austragen. Es wurden im Rahmen der Studie keine klinische Faktoren gefunden, die eine spätere Lebendgeburt vorhersagen konnten.
Fazit:
Die Chance trotz Implantationsversagen doch noch schwanger zu werden liegt der Studie zufolge bei ca. 50%.
Diese Zahl ist erstmal eher ernüchternd!
Zwar kann man einwenden, dass die Studie nur eine kleine Gruppe von Frauen untersucht hat, trotzdem bleiben erstmal mehr als 50% übrig, die ihren Kinderwunsch nicht erfüllen können.
Auf der anderen Seite wird deutlich, dass ein Weitermachen trotz Einnistungsversagen definitiv nicht hoffnungslos ist.
18% der Paare empfingen ihr Kind sogar auf natürlichem Wege!
Dieses Ergebnis unterstreicht, dass es Sinn machen kann es weiter im natürlichen Zyklus zu versuchen.
Insgesamt halte ich eine ausführliche und ehrliche Beratung der betroffenen Paare für wichtig!
Die eingeschränkten Chancen schwanger zu werden sollten klar kommuniziert werden. Nur so kann ein Paar entscheiden, ob es die Therapie fortsetzen oder aber eine Schwangerschaft im natürlichen Zyklus erreichen möchte.
Auch die Möglichkeit der Verabschiedung des Kinderwunsches sollte kein Tabuthema sein und offen angesprochen werden. Das Ende der Kinderwunschzeit bietet auch Chancen, so schmerzhaft das auch ist.
Bei Fragen melde dich gerne!
Herzliche Grüße
Silke
Literatur zum Thema Implantationsversagen
- Y.E.M.Koot et al.: What is the prognosis for a live birth after unexplained recurrent implantation failure following IVF/ICSI? Human Reproduction, Volume 34, Issue 10, October 2019, Pages 2044–2052, https://doi.org/10.1093/humrep/dez120.
- Alex Simon, Neri Laufer: Assessment and treatment of repeated implantation failure (RIF). J Assist Reprod Genet. 2012 Nov; 29(11): 1227–1239.
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