Wie stehen die Chancen mithilfe einer IVF im Alter von 38 und mehr Jahren schwanger zu werden und wie hoch ist die Lebendgeburtenrate in diesem Lebensalter? Spielt die Anzahl der Eizellen, die bei der Punktion gewonnen wurden, eine Rolle?
Schwanger mit 38
Aus vielen E-Mails, die ich im Laufe meiner Arbeit als Kinderwunsch Bloggerin erhalten habe, weiß ich, dass die Frage nach den Chancen der IVF bei Frauen im Alter von 38 und mehr Lebensjahren eine große Rolle spielt. Lohnt sich der ganze Stress, das emotionale Auf und Ab und der erhebliche finanzielle Aufwand wirklich? Ich bin der festen Überzeugung, dass eine ehrliche Beratung von Kinderwunschpaaren, bei denen die Frau 38 Jahre oder älter ist, wesentlich ist und dass diese auch relevanten Zahlen zu den Chancen enthalten sollte.
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Eine dänische Forschergruppe hat in einer retrospektiven Studie die Daten von 4500 Frauen ausgewertet, die im Alter von 38 und mehr Jahren ihren ersten IVF Zyklus begonnen hatten. Im Fokus stand hierbei die kumulierte Lebendgeburtenwahrscheinlichkeit, das bedeutet, dass sowohl die Geburten, die nach einem Transfer von frisch gewonnenen Eizellen als auch nach einem Kryo-Zyklus entstanden waren, gezählt wurden.
IVF mit 38: Chancen
Tatsächlich und wenig überraschend war die Lebendgeburtenwahrscheinlichkeit vom Alter der Frau abhängig. Hier kommen die Zahlen:
Alter der Frau | 38 – 39 Jahre | 40 – 41 Jahre | 42 – 43 Jahre | ≥44 Jahre |
---|---|---|---|---|
Lebendgeburtenwahrscheinlichkeit | 25.9% | 16.4% | 7% | 1.2% |
Die Wahrscheinlichkeit für eine Geburt unter Frauen im Alter von ≥38 Jahren nach einer IVF nimmt mit zunehmendem Alter ab. Während diese im Alter von 38 bis 39 Jahren bei 25.9% und im Alter von 40 bis 41 Jahren bei 16.4% liegt, erfolgt der stärkste Rückgang im Alter von 42 bis 43 Jahren mit nur noch 7%. Schlusslicht bildet eine Lebendgeburtenrate nach IVF im Alter von ≥44 Jahren mit 1.2%.
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Auch die Anzahl der gewonnenen Eizellen spielt dabei eine Rolle: Je höher die Anzahl der verwendbaren Eizellen war, desto höher war auch die Lebendgeburtenrate. Allerdings spielte dieser Faktor besonders in der Altersgruppe von bis zu 41 Jahren eine Rolle und wurde bei höherem Alter (42 bis 43 Jahre) deutlich unwichtiger.
Fazit: Schwanger mit 38?
Die Zahlen sind frustrierend. Besonders für die Frauen über 40 Jahre sind die Erfolgsaussichten mithilfe einer IVF bald ein Baby in den Armen halten zu können, nicht sonderlich gut. Umso wichtiger finde ich es, dass betroffene Kinderwunsch Paare um diese Zahlen wissen, um zu einer realistischen Einschätzung ihrer Situation zu kommen und um abwägen zu können, ob dieser Behandlungsweg der richtige für sie ist. Es lohnt sich, sich ausführlich beraten zu lassen.
Herzliche Grüße
Silke
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Quellen
Marta Devesa et al.: Cumulative live birth rates and number of oocytes retrieved in women of advanced age. A single centre analysis including 4500 women ≥38 years old. Human Reproduction, Volume 33, Issue 11, 1 November 2018, Pages 2010–2017,https://doi.org/10.1093/humrep/dey295.
Foto: Bigstock.com / © Laboko
Hallo Silke,
immer wieder lese ich hier, dass das Alter der entscheidende Faktor bei einer Kinderwunschbehandlung ist.
Ich wünschte, es wäre bei uns so, dass wir durch unser junges Alter gute Chancen hätten.
Wir haben mit 32 Jahren mit der Behandlung begonnen, leider seit über 2 Jahren ohne Erfolg.
Unser Arzt ist immer sehr auf dem Amh-Wert herumgeritten, der leider sehr niedrig ist.
Leider ist auch die Eizell- und Embryonenqualität meistens schlecht.
Ich habe vielmehr den Eindruck, dass der Amh-Wert das Entscheidende ist…
Was bei uns aber trotzdem nicht heißt, dass wir aufgeben. Wir sind auf Mini-Icsi umgestiegen.
Ich finde jedoch, die Kliniken sollten jungen Patienten nicht automatisch große Chancen zuschreiben. So war es nämlich zunächst bei uns, indem wir eine Statistik in die Hand gedrückt bekamen und anschließend tief gefallen sind…
Liebe Grüße
Jane
Liebe Jane,
ich glaube, es ist tatsächlich irreführend, wenn Kinderwunschkliniken „große Chancen“ versprechen. Die Chancen sind eigentlich, wenn man genau hinschaut, nicht sonderlich gut. Je nach Diagnose und Lebensalter und Dauer des Kinderwunsches (und die beiden letzteren gehören wirklich zu den entscheidenden Einflussfaktoren) sind die Chancen oft besser als im natürlichen Zyklus (wenn hier eine Konzeption aufgrund der Diagnose möglich ist), aber sie sind insgesamt betrachtet immer noch ernüchternd schlecht.
Ich erinnere mich gut an ein Rollenspiel im Rahmen meiner Zusatzausbildung im Bereich Kinderwunsch: Die Gruppe hatte sich in 2er Paare aufgeteilt und wir haben Schritt für Schritt eine IVF nachgespielt. Am Ende stand der Schwangerschaftstest und von den 10 Paaren im Raum sind 8 ohne intakte Schwangerschaft nach Hause gegangen. Das war beeindruckend, spiegelt aber die Realität wieder.
Ich persönlich bin der Meinung, dass der AMH nicht entscheidend ist. Er gilt unbestritten als der beste Parameter, um die Stimulationsdosis im Rahmen einer IVF oder ICSI festzulegen. Er eignet sich meiner Meinung nach nur bedingt, um irgendetwas über die Chancen der Behandlung auszusagen. Vielmehr habe ich die Erfahrung gemacht, dass ein solcher Test verunsichert und belastet, weil ein schlechter Wert als Grund für die nicht eintretende Schwangerschaft gesehen wird.
Dein Arzt sieht das wohl auch so, ich würde das aber hinterfragen wollen.
Ich hatte vor einiger Zeit eine Studie zu dem Thema vorgestellt, schau mal hier: Ist ein AMH Test sinnvoll?
Es gibt auch aktuell eine neue Studie, die ich noch genauer anschauen muss, sie kommt aber auch zu dem Ergebnis, dass das mit dem AMH nicht so eindeutig ist, wie man denkt und dass es Sinn macht, das FSH mit einzubeziehen. Wenn Du Zeit hast, google mal nach der Studie, hier die Quelle: Sarah Ligon et al. Low antimuellerian hormone (AMH) is associated with decreased live birth after in vitro fertilization when follicle-stimulating hormone and AMH are discordant. Fertility & Sterility, im Druck.
Ich kann Deine Gedanken super gut nachvollziehen. Mann sucht nach einer Begründung, warum es nicht klappt und der niedrige AMH Wert scheint das herzugeben. Ich wage das aber zu bezweifeln und will Dir das ehrlich zurückspiegeln! Ich weiß nicht, welche anderen Diagnosen Ihr habt (warum macht Ihr eine ICSI und was genau ist eine Mini-ICSI?), aber erstmal sehe ich, was bei Euch „gut“ ist und das ist eindeutig das Alter und mit 2 Jahren auch noch eine Wartezeit, die im Rahmen ist. Ich weiß, das fühlt sich komplett anders für Dich an, aber wenn man sich realistisch die Chancen pro Versuch anschaut, dann sind 2 Jahre nicht völlig außerhalb des Rahmens, im Gegenteil. Was es natürlich emotional nicht besser macht, aber unsere Gefühle sind nicht immer wahr und entspringen fast immer Glaubenssätzen, die auch nicht immer richtig sind. Vielleicht verstehst Du, worauf ich hinaus will?!
Die Frage ist, was Du glaubst, warum es nicht klappt und ob es wirklich handfeste „Beweise“ dafür gibt, dass das wirklich so ist. Ich persönlich halte das Eintreten einer Schwangerschaft für ein so komplexes Geschehen, dass sich monokausale Erklärungen fast komplett ausschließen, es sei denn, das Spermiogramm enthält keine Spermien oder eine Frau hat keine Eileiter mehr etc.
Das war jetzt alles sehr rational erklärt, letztendlich ist die Frage, was Du brauchst, damit es Dir besser geht und wie Du diesen Lebensabschnitt nutzen kannst, um zu wachsen und Dich weiterzuentwickeln.
Beste Grüße
Silke
Hallo Silke,
wir sind auf ICSI angewiesen wegen OAT 3 und haben nun die Höhe der Stimulation heruntergesetzt (Mini-Icsi mit Clomifen).
Diese Studie ist sehr interessant, danke! Es stimmt, irgendwie sucht man nach einem Grund. Für den Arzt war ganz schnell ich der Grund und er sprach sogar von Eizellspende.
Was wir noch planen, ist eine Untersuchung auf Antikörper. Denkst du, das macht Sinn?
Warum die Qualität so schlecht ist, bleibt auch ein Rätsel, das dürfte in dem Alter ja eigentlich nicht sein…
Bei dem Thema „Grund“ geht es oft auch schnell um Schuld und Schuld hat wirklich keiner. Dieser Gedanke führt nicht weiter, ist nicht hilfreich, belastet aber ungemein.
Antikörper ist so gar nicht mein Thema, vermutlich weil ich nicht viel davon halte. Ich habe mich aber damit noch nicht wirklich gut beschäftigt. Von daher unter Vorbehalt, es gibt hier bestimmt andere, die hier mehr Wissen haben. Ich würde auch nach wissenschaftlichen Untersuchungen danach suchen, die gibt es bestimmt.