Die Sendereihe Menschen hautnah des WDR strahlte am 22.08.2019 die Reportage „Sehnsucht Kind – ein Paar gibt die Hoffnung nicht auf“ aus. Ich hatte die Gelegenheit mit Janine ein Interview zu führen.
Silke:
Liebe Janine, am 22. August fand die Ausstrahlung von „Sehnsucht Kind“ statt. Im Zentrum der Reportage stehen Du und Dein Mann Torben und Eure gemeinsame Kinderwunschzeit. Was hat Dich und Deinen Mann dazu bewogen Euch von einem Fernsehteam von „Menschen hautnah“ begleiten zu lassen?
Janine:
Als wir angefangen haben uns mit dem Thema Kinderwunsch näher zu befassen, haben wir schnell bemerkt, dass das ein Thema ist, über das erstmal gerne gesprochen wird. Es standen uns viele Menschen mit sehr liebenswürdigen Geschichten und Ratschlägen zur Seite.
Mit jedem weiteren Zyklus nahm diese Teilnahme aber nach und nach ab. Und als wir uns entschieden haben uns in einer Kinderwunschklinik behandeln zu lassen wurde es noch schwieriger. Von diesem Moment an konnten wir noch so offen über das Thema sprechen, unser soziales Umfeld hat sich mehr und mehr verschlossen.
Obwohl es sich noch immer um dasselbe Thema, nämlich unseren Kinderwunsch handelte, wurde das Thema plötzlich nur noch mit gesenkter Stimme und hinter vorgehaltener Hand besprochen.
Als Kinderwunschpaar befindest Du Dich zu diesem Zeitpunkt in einer Lebensphase, die von vielen Hochs und Tiefs geprägt ist und in der die Hormone extrem Karussell fahren. In dieser Zeit hätte uns die Unterstützung von Familie, Freunden und Bekannten sicherlich sehr viel Kraft und Halt gegeben.
In unserem Fall gab uns unser soziales Umfeld jedoch das Gefühl, dass wir lieber alles verheimlichen und möglichst niemanden öffentlich zu diesem Thema ansprechen sollten.
Denn was sollten nur die Nachbarn denken oder die Tante? Wir sollten bitte nicht weiter über die Themen Unfruchtbarkeit und Kinderwunschbehandlungen sprechen.
Und wir hatten schnell das Gefühl, dass uns mit diesen Reaktionen ein schlechtes Gewissen eingepflanzt wurde. Dieses schlechte Gewissen sorgte bei uns dazu, dass wir uns permanent einem starken inneren Druck ausgesetzt fühlten.
In Gesprächen mit anderen Kinderwunschpaaren wurde uns dieser Umgang der Gesellschaft mit dem Thema Kinderlosigkeit durch ähnliche Erfahrungen immer wieder bestätigt.
Als wir den Aufruf der Sendereihe „Menschen hautnah“ bei Facebook gelesen haben, haben wir dies als unsere Chance gesehen das Thema endlich öffentlich zu machen. Wir würden uns sehr wünschen, dass die Reportage zu mehr Bereitschaft für einen offenen Dialog und zu mehr Sensibilität für das Thema führen würde.
Die Anzahl von Paaren mit unerfülltem Kinderwunsch ist groß und jedes dieser Paare sollte offen sprechen und auf die Feinfühligkeit und Offenheit seiner Mitmenschen setzen können.
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Silke:
Das Fernsehteam hat Euch 2 Jahre begleitet. Wie hast Du diese Zeit erlebt?
Janine:
Die letzten 2 Jahre kann ich als die erlebnisreichste und emotional belastendste Zeit in meinem Leben beschreiben. Wir haben uns vor laufender Kamera in eine Kinderwunschklink begeben, ein Haus gebaut und beide einen beruflichen Wechsel vollzogen.
In dieser Zeit war Florian Aigner von Menschen hautnah immer an unserer Seite und hat uns Fragen gestellt, die wir uns selber so vielleicht nie gestellt hätten.
Durch seine einfühlsame Art haben wir ihn zu keinem Zeitpunkt als Störfaktor angesehen. Viele Gespräche waren sehr tiefgründig – wie mit einem guten Freund. Wir schnell angefangen uns selbst, aber auch unser Umfeld mit anderen Augen zu sehen.
Große Unterstützung für die Dreharbeiten kam von unseren Familien und engen Freunden, die ebenfalls für sehr intime Interviews zur Verfügung standen.
Den auch für sie war unsere Kinderwunschzeit emotional sehr aufwühlend, da unser Kinderwunsch auch ihr Familienleben und ihre Freundschaft zu uns betroffen und verändert hat.
Besonders in Erinnerung geblieben ist mir der Moment, als uns das Fernsehteam bei unserem Richtfest filmte und Gäste aus diesem Grund nicht an der Feier teilnahmen.
Hier hätten wir uns mehr Unterstützung und Toleranz für unseren langen Kinderwunschweg gewünscht.
Es gab aber auch viele wirklich besondere Momente, die mir in Erinnerung geblieben sind. Sehr spannend waren beispielsweise die Dreharbeiten während unseres Urlaubs in Berlin. Von einer Kamera begleitet das Brandenburger Tor zu besichtigten und dabei von anderen Touristen fotografiert zu werden war sehr außergewöhnlich und amüsant. :-)
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Silke:
Viele Kinderwunschpaare halten ihre Kinderwunschzeit oft aus Angst vor unsensiblen Kommentaren und vermeintlich guten Ratschlägen geheim.
Ihr geht einen anderen Weg. Welche Reaktionen erhofft Ihr Euch von der Veröffentlichung Eurer Kinderwunschgeschichte?
Janine:
Wir wünschen uns von Herzen, dass wir anderen Kinderwunschpaaren Mut machen können.
Wir erhoffen uns mehr Feinfühligkeit und Toleranz für dieses Thema und für die vielen Frauen und Männer, die dieses Schicksal betrifft
In Deutschland werden viel zu wenig Kinder geboren. Viele Paare wünschen sich von ganzem Herzen ein Kind und können kein Baby bekommen.
Ich würde mich sehr freuen, wenn das Schicksal diese Paare öffentlich wahrgenommen würde. Und es wäre schön, wenn diese Paare auf ihrem Weg unterstützt werden würden.
Denn für viele Paare bedeutet der unerfüllte Kinderwunsch eine lange Leidenszeit, in der sie sich aus Angst vor den Reaktionen anderer nicht mal in Behandlung trauen. Für uns selbst wünsche ich mir, dass Menschen aus unserem weiteren Umfeld verstehen lernen, was es wirklich bedeutet ungewollt kinderlos zu sein.
Silke
Was würdest Du anderen Kinderwunschpaaren mit auf den Weg geben wollen?
Janine:
In erster Linie, dass ihr euch niemals als Paar verliert!
Macht eure Probleme nicht alleine aus, sondern sucht das Gespräch mit eurem Partner oder einer vertrauten Person.
Wir bereuen beispielsweise sehr die Reisen, die wir aufgrund der Behandlungen abgesagt haben.
Nehmt euch Zeit für euch selbst und lasst eure Kinderwunschzeit nicht euer komplettes Leben bestimmen.
Wenn ihr merkt, dass es euch längere Zeit nicht gut geht, dann sucht euch professionelle Hilfe.
Macht euch frühzeitig über einen Plan B Gedanken und gebt trotzdem die Hoffnung nicht auf.
Wir drücken jedem einzelnen Kinderwunschpaar die Daumen, dass es seinen Weg zum Wunschkind finden mag.
Liebe Janine, vielen herzlichen Dank für Deine offenen Worte und Deine Bereitschaft für ein Interview. Danke auch für Deine wertvollen Tipps und den Einblick in eine sicherlich außergewöhnliche Zeit Deines Lebens. Ich wünsche Dir und Deinem Mann für Euren weiteren Weg ganz viel Glück, Kraft und dass Ihr bald euer Wunschkind in den Armen halten könnt.
Für alle die erst die Reportage sehen wollen, hier geht es zur Sendung:
Menschen hautnah Sehnsucht Kind
Herzliche Grüße
Silke
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Wenn es nach so vielen Versuchen mit künstlicher Befruchtung nicht funktioniert, sollte der Arzt doch zu weiteren Blutuntersuchungen raten, um festzustellen warum sich auch ein Embryo mit guter Qualität nicht einnistete. Habt ihr denn mal an Leihmutterschaft gedacht? jetzt werden wahrscheinlich die bösen Kommentare kommen, dass es in Deutschland verboten ist. Dennoch ist es in einigen Ländern möglich, auch für deutsche Paare.
Zu deinem Kommentar möchte ich Folgendes sagen, Rosalie:
Solche Ansichten und Sprüche tun im Alltag sehr weh, ich habe es als Kinderwunschpatientin schon erlebt und es ist sehr schmerzhaft.
Man sollte sich vielleicht auch fragen: Was hätte ICH in dieser Situation getan? Es kann jeden treffen und niemand sucht es sich aus.
Grüße, Jane
Ich finde diese Sendung entsetzlich, es gehörte verboten künstlich Kinder zu erzeugen, wenn es die Natur nicht wünscht!
Unser Planet ist überbevölkert und es gibt dermaßen viele Kinder, die ohne Eltern aufwachsen in Hunger und Elend.
Wenn ein wirklicher Kinderwunsch besteht würden sich solche Eltern ein Pflegekind holen bzw. ein Kind adoptieren.
Zwanghafte Kindererzeugung ist reiner Egoismus.
Leider ist es nicht einfach sich ein Pflegekind „zu holen“ oder ein Kind zu adoptieren. Auch ist das ganze Thema so komplex, dass es meiner Meinung nach keine einfachen und schnellen Antworten gibt. Und schließlich: Ja, es gibt viel Hunger und Elend auf dieser Welt. Es gibt aber auch den Schmerz all der vielen Paare, die einfach nur ihre eigene kleine Familie gründen wollen und dabei auf massive Probleme stoßen. Ich finde, diese Paare haben unser Mitgefühl und unsere Hilfe verdient!