Unerfüllter Kinderwunsch ist fast immer mit sehr intensiven Gefühlen verbunden.
Das ständige Schwanken zwischen Hoffnung und Enttäuschung kostet unendlich viel Kraft, Hoffnung und Zeit.
Diese Zeit wirkt verloren, ja fast verschwendet, wartet man doch nur darauf, dass das gewünschteste Wunschkind endlich kommen mag.
Dabei möchte man doch eigentlich nur eins: Den eigenen Lebensentwurf als Familie endlich leben zu können.
Enttäuschung, Trauer, Einsamkeit, Angst, Hoffnungslosigkeit – Die Gefühle fahren Achterbahn.
Mal überwiegt die Zuversicht, dann kriecht plötzlich die nackte Angst an einem hoch und macht sich breit.
Was, wenn die geplante Familiengründung nicht klappen wird? Und was, wenn es vielleicht niemals mit einer Folgeschwangerschaft klappen wird?
Panik stellt sich ein. Was tun?
Die Gedanken drehen sich, die eigene Welt gerät ins Wanken.
Unerfüllter Kinderwunsch und die Tipps der Anderen
Parallel zu all diesen Gedanken und Gefühlen gibt es oft von allen Seiten vermeintlich nützliche Tipps zu hören.
Bestimmt kennst du viele davon und könntest sofort einige mehr hinzufügen.
Entspannt Euch!
Macht mal Urlaub!
Ihr seid noch jung, das wird schon!
Um es einmal klar und deutlich zu sagen: Diese Tipps helfen nicht! Im Gegenteil.
Sie nerven, verletzen und wirken oft so wenig einfühlsam und wirklich zugewandt.
Und sie machen einsam.
Denn man fühlt sich unverstanden in der nackten Angst, dass sich der eigene Lebensentwurf vielleicht niemals umsetzen lassen wird.
Unerfüllter Kinderwunsch: Wie man mit dem Schmerz begegnen kann
Was kannst du tun?
Wie kannst du der Angst und dem Schmerz begegnen?
Ich habe mir oft selbst diese Frage gestellt. Denn die Angst kommt immer wieder, sie überfällt einen oft völlig unvorbereitet. Selten lässt sie sich innerlich wegschieben, verdrängen oder durch Ablenkung zerstreuen.
Irgendwann und irgendwo bin ich auf eine Achtsamkeitsübung gestoßen, die ich dann in meiner eigenen Kinderwunschzeit immer wieder angewendet habe und die ich auch heute in Situationen einsetze, in denen ich große Angst und Sorge empfinde.
Wenn der Schmerz sehr intensiv und das Gefühl von Einsamkeit übergroß ist, kann dir vielleicht die folgende Übung in Achtsamkeit helfen.
Stell Dir vor:
Du bist ein Gasthaus und Deine Gefühle sind Deine Gäste.
Klopfen Gäste an, ignorierst Du sie nicht.
Du kannst Dir Deine Gäste nicht aussuchen, Du öffnest also allen die Tür.
Du heißt sie freundlich und herzlich willkommen.
Du lässt sie eintreten, so wie sie sind. die kalte Angst, den blutenden Schmerz.
Dann benennst Du sie, doch Du sagst nicht: „Ich bin ängstlich“ oder „ich bin voller Schmerz“.
Sondern Du sagst: „Da ist die Angst“ oder „Da ist der Schmerz“.
Deine Gefühle sind da, aber sie sind nicht Du, nicht alles, woraus Du bestehst.
Du nimmst sie wahr, lässt sie bleiben, solange sie wollen.
Und wie Gäste so sind, werden sie wieder davon ziehen, alle, selbst die schwierigsten Gefühle!
Kannst du dich auf dieses innere Bild einlassen?
Mir persönlich hilft es sehr, unliebsame Gefühle zuzulassen und mir auch einzugestehen, dass ich sie habe. Gleichzeitig bin ich felsenfest davon überzeugt, dass diese auch wieder gehen werden, so wie so mancher unliebsame Gast, der irgendwann seine Koffer packt und das Haus verlässt.
Nicht immer gelingt mir dieses Übung gleich gut. Trotzdem wirkt sie wie ein Anker, der mir eine Handlungsanleitung für schwierige Gefühlssituationen an die Hand gibt.
Lass deine Ängste in Bezug auf deinen unerfüllten Kinderwunsch zu.
Begrüße sie freundlich, nenne sie beim Namen, aber halte sie gedanklich nicht fest.
Diese Gefühle kommen, aber sie gehen auch wieder.
Und es gibt noch andere Gäste, wie die Hoffnung, die Sehnsucht und die Zuversicht, dass dein Kinderwunschweg nicht vergebens sein wird.
Begrüße sie ebenfalls und und vielleicht magst du dich in diesem Bild eine Zeit lang neben diese mutmachenden „Gefühlsgäste“ an den Tisch setzen?!
Probiere die Übung aus und gib mir eine Rückmeldung, wie es Dir dabei ergangen ist.
Herzliche Grüße
Silke
Foto: Fotolia – StockPhotoPro
Liebe Silke,
Deine Übung, das Bild, ein Gasthaus zu sein, hilft mir gerade dabei, mit meiner tiefen Traurigkeit etwas besser annehmen und hereinlassen zu können. Die Abwehr macht alles nur schlimmer, verstärkt jedes Gefühl. Ich bin in den Wochen und Monaten oft am Rande der Verzweiflung. In diesem Ausmaß ist das neu für mich, insbesondere weil mich diese Gefühle mit einer Stärke schütteln und das so unerwartet, dass ich mich ihnen zudem total ausgeliefert fühle. Ich mag schon gar nicht mehr an die nächsten vier Wochen denken. Meinen Kinderwunsch endlich leben zu können, habe ich mir ganz anders vorgestellt: viel freier, freudvoller, leichter und glücklicher. Aktuell erlebe ich ihn aber als unsägliche Last, die ich nur noch abschütteln will.
Dass ich Anfang vierzig bin und auch einen gewissen Druck aus meinem Umfeld spüre, macht es nicht leichter.
Deine Worte muntern mich ein wenig auf. Mal sehen, wie ich weiterhin damit umgehen kann.
Ich sende Dir herzliche Grüße!
Nadine
Liebe Nadine,
Du beschreibst sehr eindrucksvoll, was Du mit dem Wunsch nach einem Baby verbindest: Freude, Freiheit, Leichtigkeit und Glück. Das ist offenbar, was Du wirklich für Dich willst oder? Und dann klappt es nicht und Du hast all diese super intensiven Gefühle. Was es jetzt braucht ist jemand, der mit Dir zusammen erkundet, woher diese Gefühle kommen und womit sie genau zusammenhängen.
Herzliche Grüße
Silke
Also diese Gefühle sind keine Gäste! Sie sind Parasiten, die man nicht los werden! Fressen sich bis ins Mark und bleiben dort! Fest verankert!!!! Und alle um einen herum sind schwanger und glücklich! Und es nervt mich! Mir ansehen zu müssen das ich nicht in Der Lage bin ein kind auszutragen! Nein, ständig verlier ich ein leben!
Liebe Nadja,
ich kann dich gut verstehen. Ich wollte mit dem Artikel eine Achtsamkeitsübung vorstellen. Wenn sie für dich nicht passt, dann ist das so, vergiss sie wieder.
Letztendlich kann man nur ausprobieren, was einem im Moment hilft und weiterbringt.
Herzliche Grüße
Silke