Die Kosten einer künstlichen Befruchtung sind hoch und können bei mehreren Versuchen schnell im fünfstelligen Bereich liegen. Leider ist die Übernahme dieser Kosten bei den gesetzlichen Krankenkassen an Bedingungen geknüpft. Eine dieser Bedingungen bestimmt eine Altersobergrenze für die Frau von 40 Jahren. Nun gibt es ein neues Urteil des BGH, das festlegt, dass das Alter der Frau alleine kein Grund ist eine Kostenübernahme abzulehnen.
Kosten künstlichen Befruchtung & Altersgrenze
Ein neues Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 4. Dezember 2019 sorgt für Aufsehen: Krankenkassen können verpflichtet sein, auch bei älteren Frauen die Kosten für eine künstliche Befruchtung zu übernehmen.
Das statistisch gesehen höhere Risiko älterer Frauen eine Fehlgeburt zu erleiden, ist laut den Richtern allein noch kein Grund, die Kostenübernahme abzulehnen.
Der BGH begründet seine Entscheidung mit dem Selbstbestimmungsrecht:
“Das Selbstbestimmungsrecht der Ehegatten umfasst grundsätzlich auch die Entscheidung, sich den Kinderwunsch in fortgeschrittenem Alter unter Inkaufnahme altersspezifischer Risiken zu erfüllen.”
Urteil des BGH vom 4.12.19 (AZ IV ZR 323/18).
Du findest das gesamte Gerichtsurteil des BGH hier!
BGH unterstreicht Recht auf späte Mutterschaft
In diesem Fall hatte ein Mann geklagt, der unter einer Kryptozoospermie litt und deshalb auf natürlichem Wege keine Kinder zeugen konnte.
Seine private Krankenversicherung hatte die Kostenübernahme von rund 17.500 Euro für mehrere IVF Versuche abgelehnt und dies vor allem mit dem Alter der Frau begründet.
Die Richter in Karlsruhe bewerteten die 4 Behandlungsversuche der 44 jährigen Frau als medizinisch notwendige Heilbehandlung, die mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu einer Schwangerschaft führen könne.
Fehlgeburten kämen in dieser Altersgruppe häufiger vor, sie seien aber kein Grund die Kosten der künstlichen Befruchtung nicht zu übernehmen.
Die Versicherung des Mannes muss deshalb die Kosten abzüglich des Selbstbeteiligungsanteiles übernehmen.
Fällt die Altersgrenze der Frau?
Bestimmst fragst du dich, was das jetzt für Frauen um die 40 oder älter genau bedeutet.
Und ich kann dir versichern, dass ich mich das gerade auch frage!
Wichtig ist, dass das Paar in diesem Rechtsfall privat krankenversichert war!
In Deutschland gibt es verschiedene Versicherungsarten und damit auch verschiedene Rechtsgrundlagen:
Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV): Leistungsrecht der IVF Behandlung findest du in § 27 a SGB V (Sozialgesetzbuch 5. Buch), Richtlinien gem. § 92 SGB V. Zum Thema Altersgrenze & künstliche Befruchtung findest du dort die Regelung, dass beide Partner für einen Anspruch mindestens 25 Jahre alt sein müssen. Weiterhin muss die Frau jünger als 40 Jahre, der Mann jünger als 50 Jahre sein.
Die private Krankenversicherung (PKV): Leistungsrecht der IVF Behandlung unterliegt dem Versicherungsvertragsgesetz, den Tarifbedingungen und den Allgemeinen Versicherungsbedingungen der jeweiligen Versicherung. Wichtige Unterschiede zur GKV: In der PKV gelten keine strikten Altersgrenzen, keine strikte Versuchszahl und es gilt das Verursacherprinzip.
Allerdings gibt es nun das höchstrichterliche Urteil des Bundesgerichtshofes, dass Krankenversicherer verpflichtet, die Kosten der Kinderwunschbehandlung zu erstatten, wenn die Behandlung mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu einer Schwangerschaft führen könne.
Das BGH betont in seinem Urteil das Recht auf eine späte Mutterschaft und stärkt damit das Selbstbestimmungsrecht des Paares.
Das Alter der Frau allein sei kein Grund, die Kosten der künstlichen Befruchtung nicht zu übernehmen. Nur wenn diese Kinderwunschbehandlung mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zum Erfolg führen kann und mit hohen Risiken behaftet ist, darf die Krankenversicherung eine Erstattung verweigern.
Es bleibt nun abzuwarten, was dieses BGH Urteil für die weitere Rechtssprechung und für die Praxis genau bedeuten wird. Denn auf den ersten Blick fällt mir kein Grund ein, warum dieses Selbstbestimmungsrecht nur für privat versicherte Paare gelten soll.
Was geht dir zu diesem neuen BGH Urteil durch den Kopf? Ich freue mich auf deinen Kommentar dazu!
Herzliche Grüße
Silke
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Hallo Silke,
der Beitrag ist super, und gibt bestimmt vielen Frauen wieder Mut.
Mir geht es ähnlich, wir hatten alles in trockenen Tüchern. Genehmigung der KK war erteilt. Mein Mann hatte den Termin für die Tese. Alles war sehr gut geplant. Den ersten Termin zur Tese hatte er abgesagt, Angst. Aber wir haben drüber gesprochen und er hatte sich entschieden nochmal ein Versuch zu starten. Der Termin wäre jetzt am 24.03 gewesen. Schon mit extrem viel Zeitdruck, da ich am 10.05. nun 40 werde…Aber die Kiwukli hatte alles sehr gut durchgeplant so das es hätte klappen können, zumindest angefangen gewesen wäre.
So, dank Corona ist der Tese Termin abgesagt worden, und nun schaffen wir es nicht mehr anzufangen, aufgrund der Situation.
Ich habe bei der KK angerufen, ob es irgendwie die Möglichkeit gibt Aufschub zu bekommen, aufgrund der Außergewöhnlichen Situation.
2 Tage später bekam ich einen Brief von der KK, das es keinen Aufschub aufgrund der außergewöhnlichen Corona Situation gibt.
Tja, und nach diesem Beitrag werde ich wohl nochmal bei der KK nett, höflich und bestimmend anrufen und nachfragen!!
Herzlichen Dank und liebe Grüße
Elske
P.s. Hatte schon den Gedanken ein Croudfounding Sache zu starten, zwecks der hohen Kosten als Selbstzahler….
Hallo Elske,
die Kostenseite bei jeder Behandlung ist wirklich extrem belastend. Und wenn dann auch noch die Altersgrenze dazu kommt, ist das mehr als frustrierend. Lass mich bitte wissen, wie Deine KK weiter reagiert hat. Leider war ja das BGH Urteil auf ein Paar bezogen, dass privat versichert war.
Hallo Elske,
habe deinen Beitrag aufgrund der >40 Jahre Problematik gefunden.
Darf ich fragen, wie ist die Nachfrage bei der KK ausgegangen ist?
Hallo,
aber die Mindestaltersgrenze bleibt bestehen?
Liebe Grüße
Hallo Patricia,
die Altersgrenzen sind aktuell in Kraft! Ich habe nur über dieses neue BGH berichtet und dass ein privat versichertes Paar mit seiner Klage Erfolg hatte. Inwieweit das in Zukunft Konsequenzen haben und es evtl. eine Veränderung geben wird kann ich nicht beurteilen. Ich wünsche es mir und dieses Urteil lässt hoffen, dass vielleicht zeitnah etwas passiert.
Hallo Silke,
Herzlichen Dank für diesen Beitrag. Dieser ist super klasse geschrieben! Habe mich im Dezember für eine IVF entschieden als Selbstzahler nachdem die PKV den Antrag abgelehnt hat. Die Begründung war hier: da mein Partner bereits 50 ist übernehmen sie keine Kosten (ich bin 35). Werde nun mit Deiner Hilfe des Artikels der PKV nochmal schreiben. Eine Schwangerschaft ist eingetreten, endete jetzt aber leider in einem frühen Abgang😪 Danke und viele Grüße
Liebe Ella,
es tut mir sehr leid, dass du eine Fehlgeburt hattest. Ich drücke Euch die Daumen und hoffe, dass Eure PKV vielleicht doch ihre Entscheidung revidiert und Euch auf Eurem Weg finanziell unterstützt. Lass uns alle hier wissen, wie Eure Geschichte weitergegangen ist.
Liebe Grüße
Silke
Hallo Silke!
Vielen Dank dass du diese froher Botschaft hier verkündigst, ich bin gerade fast vom Hocker gefallen :) (positiv gesehen)… Ich bin 41, mein Mann 44, und wir möchten demnächst IVF/ICSI machen. Ich hatte mich damit abgefunden, dass wir Selbstzahler sein werden, und was das für eine Belastung wird. Das gibt mir hier Hoffnung, wobei in anderen Ländern wie Belgien das Altersgrenze schon auf 42 erhoben wurde.
Ich werde auf jedem Fall bei meiner KK vorsprechen, die können sich auf was gefasst machen!
Danke dir für deine unglaubliche Arbeit!
Gruß
Mariela
Liebe Mariela,
klasse, alleine dafür hat sich der Artikel schon gelohnt!
Und ich freue mich sehr über das Feedback, herzlichen Dank dafür!
Herzliche Grüße
Silke