Hast du bereits von der Änderung der Richtlinien zur Kostenübernahme bei der ICSI gehört? Diese hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) der Ärzte, Psychotherapeuten, Krankenhäuser und Krankenkassen beschlossen. In diesem Artikel erfährst du, was genau verändert wurde und welche Auswirkungen es auf die ICSI Antragstellung und die ICSI Kosten haben kann.

ICSI Kostenübernahme und ICSI Kosten

Für gesetzlich versicherte Paare, die eine ICSI benötigen, gelten seit dem 2. Juni 2017 neue Richtlinien. Diese Richtlinien sind entscheidend, denn sie geben vor, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit die ICSI Kosten für die Behandlung und die Medikamente durch die Kasse übernommen werden.

Wenn diese Rahmenbedingungen (Alter der Frau 25-40 Jahre, Alter des Ehemannes 25-50 Jahre, Heirat, negativer HIV Test etc.) stimmen, werden von der gesetzlichen Krankenversicherung bis zu drei Behandlungszyklen ICSI zu 50% finanziert.

Mein Tipp für dich:

Einzelne Krankenkassen zahlen auch in höherem Umfang für die ersten Versuche, zudem gibt es Förderungen auf der Ebene einzelner Bundesländer. Eine Recherche lohnt sich!

Um eine Kostenübernahme durch die Kasse zu erhalten, muss ein Antrag auf Kostenübernahme (ein sogenannter Behandlungsplan) erstellt und genehmigt werden. Dieser Behandlungsplan wird von dem behandelnden Reproduktionsmediziner erstellt und bei der Krankenkasse eingereicht.

Veränderte Richtlinien des G-BA: Was ist neu?

Ein Kinderwunschpaar in Deutschland kann nicht selbst bestimmen, welche Behandlung es zur Verwirklichung seines Kinderwunsches in Anspruch nehmen möchte. Vielmehr gibt es genau definierte medizinische Indikationen (Gründe), die für die jeweilige Behandlungsart zugelassen sind. Nur wenn diese Indikationen vorliegen, wird die Krankenkasse die Behandlung finanzieren.

Die neuen Richtlinien des Bundesausschusses betreffen nun ganz speziell die ICSI und damit die männliche Fertilität. Neben den für beide Partner geltenden Voraussetzungen, die du in dem unveränderten Teil der Richtlinien zur künstlichen Befruchtung hier nachlesen kannst,  müssen ab dem 02. Juni 2017 folgende Voraussetzungen für eine ICSI Behandlung und die Übernahme der ICSI Kosten erfüllt sein:

  • Es muss eine schwere männliche Fertilitätsstörung vorliegen. Es werden keine Grenzwerte für die Beurteilung des Spermiogramms genannt.
  • Es müssen 2 Spermiogramme auf der Grundlage des Handbuchs der WHO vorgelegt werden. Der bisher notwendige zeitliche Abstand von 12 Wochen zwischen 2 Spermiogrammen wurde gestrichen.
  • Eine Untersuchung durch einen Arzt mit der Zusatzbezeichnung Andrologie ist vor Erstellung des Kostenplans notwendig.

Die Begründung zur Änderung der Richtlinien kannst du hier nachlesen.

Für dich zum Vergleich: Die bisherigen Richtlinien sahen folgende Bedingungen zur Genehmigung der ICSI durch die gesetzliche Krankenkasse vor:

„…männliche Fertilitätsstörung, nachgewiesen durch zwei aktuelle Spermiogramme im Abstand von mindestens 12 Wochen, welche unabhängig von der Gewinnung des Spermas folgende Grenzwerte – nach genau einer Form der Aufbereitung (nativ oder swim-up-Test) – unterschreiten:

Nativ swim up
Konzentration (Mio/ml) < 10 < 5
Gesamtmotilität (%) < 30 < 50
Progressivmotilität (WHO A in %) < 25 < 40
Normalformen(%) < 20 < 20

Sind nicht alle Kriterien gleichzeitig erfüllt, so ist das entscheidende Kriterium die Progressivmotilität. Sofern diese unter 15 % im Nativsperma oder unter 30 % im swim-up-Test liegt, so liegt eine Indikation für die Intracytoplasmatische Spermien-injektion vor. Die Beurteilung des Spermas hat nach den gültigen WHO-Vorgaben zu erfolgen.“

Achtung: Sehr wahrscheinlich gelten die neuen Richtlinien auch für Beihilfeberechtigte, da sich die Beihilfe sehr oft an den Vorgaben für gesetzlich Versicherte orientiert. Ist der Verursacher der ICSI (hier der Mann mit eingeschränkter Spermienqualität) privat versichert, gelten diese Änderungen nicht.

Ab wann gelten die neuen Richtlinien?

Die neuen Richtlinien zur Kostenübernahme bei ICSI gelten ab dem 02. Juni 2017. Kostenpläne die vor dem 02. Juni 2017 bereits genehmigt wurden, bleiben weiter gültig.

ICSI Kostenübernahme: Warum diese Änderung?

Die Änderung der G-BA Richtlinien  zur ICSI haben mehrere Gründe, die ich dir jetzt im Überblick vorstellen möchte.

Ein Grund für die aktuellen Änderungen liegt darin begründet, dass die Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Jahr 2010 Veränderungen in ihrem Laborhandbuch vorgenommen hat, die die Erstellung eines Spermiogramms (Arbeitsschritte und Materialien) sowie die geltenden Referenzwerte (Spermiogrammdaten) betrifft. Dieses Laborhandbuch der WHO gilt als allgemein gültiger Standard für die Samenanalyse beim Mann, die darin enthaltenen Normwerte werden zur Bewertung eines Spermiogramms verwendet. Mit der Änderung der WHO Referenzwerte waren die bisherigen Vorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses nicht mehr umsetzbar. Eine Überprüfung der Richtlinien war notwendig.

ICSI Kosten: Paare sollten sich über die neuen Richtlinien informieren

ICSI Kostenübernahme: Paare sollten sich über die neuen Richtlinien informieren

Ein weiterer Grund für die neuen Richtlinien ergab sich daraus, dass eine Indikationsstellung für eine ICSI nicht nur auf der Grundlage von Spermiogramm Grenzwerten erfolgen kann.  Denn eine solche Vorgehensweise lässt sich nicht durch wissenschaftliche Untersuchungen begründen. Vielmehr ist der gemeinsame Bundesausschuss zu der Erkenntnis gekommen, dass eine Indikationsstellung für eine ICSI nur auf der Basis einer interdisziplinär zu erfolgenden Beurteilung der Schwere der männlichen Fertilitätsstörung möglich sein kann. Interdisziplinär meint hier, dass nun zusätzlich die Einbeziehung eines Andrologen erfolgen muss.

Werden die ICSI Kosten für gesetzlich Versicherte steigen?

Erstmal betreffen die veränderten Richtlinien nur die Leistungsvoraussetzungen, die erfüllt sein müssen, um eine Genehmigung der Krankenkasse zur Übernahme der Kosten für eine ICSI zu bekommen. Dabei ist die Höhe der Therapiekosten weiterhin von der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung vorgegeben. Die Kosten für die Medikamente sind oft nur grob einschätzbar, weil jede Frau ganz individuell auf die hormonelle Stimulation reagiert.

Allerdings stellt sich schon die Frage, wie sich die neuen Richtlinien auf die Anzahl der in Zukunft genehmigten Kostenpläne auswirken wird und ob dadurch mehr Paare zu Selbstzahlern werden. Die Formulierung „starke männliche Fertilitätsstörung“ lässt einen gewissen Interpretationsspielraum zu und es wird die weitere Entwicklung zeigen, ob dies zu mehr oder weniger Kostenzusagen der gesetzlichen Krankenkassen führen wird. Da jedes Paar vor der Antragstellung einen Andrologen konsultieren muss, ist auch unklar, wie stark es hier durch die höhere Nachfrage zu langen Wartezeiten kommen wird. Es gibt in Deutschland leider relativ wenig Fachärzte, die die Zusatzausbildung zum Andrologen absolviert haben. Warum diese Untersuchung des Mannes nun plötzlich der Urologe nicht mehr durchführen kann, erschließt sich mir nicht.

Aber vielleicht geht mir bald ein Licht auf! :-)

Fazit zu den veränderten Richtlinien bei ICSI

Insgesamt führen die veränderten Richtlinien zur ICSI bei mir zu ambivalenten Gefühlen. Eine Anpassung an die Veränderungen im Laborhandbuch der WHO waren sicherlich überfällig, auf der anderen Seite sehe ich den zusätzlichen Aufwand durch die neue Pflicht einen Andrologen aufsuchen zu müssen. Der Wegfall der 12 Wochen Frist zwischen 2 Spermiogrammen ist begrüßenswert, gleichzeitig lässt die geforderte interdisziplinäre Indikationsfindung doch Fragen aufkommen, wie diese denn nun genau erfolgen soll. Es wird die Praxis zeigen müssen, ob dies alles im Sinne der Kinderwunschpaare und ihrem Wunsch nach einem Kind auf gute Weise funktionieren wird.

Nicht zuletzt stelle ich mir die Frage, ob und wie sich  die Zahlen zur Anwendung der ICSI Methode gegenüber der IVF Methode verändern werden und ob es zukünftig mehr Paare geben wird, die einen Ablehnungsbescheid bekommen und damit ihre ICSI Kosten selbst bezahlen müssen.

Sehr interessant fand ich in der Begründung zu den Änderungen, dass die Anwendung der ICSI Methode gegenüber der reinen IVF Methode sowohl in Deutschland als auch international kontinuierlich zunimmt. Gleichzeitig wird darauf verwiesen, dass die Statistiken des Deutschen IVF Registers zeigen, dass die Schwangerschaftsraten bei der IVF erfolgsversprechender sind als bei der ICSI. Vielleicht bieten die neuen Richtlinien auch die Chance für alle Beteiligten, den Einsatz der ICSI neu zu reflektieren.

Was denkst du über diese Änderungen? Konntest du bereits Erfahrungen mit den neuen Richtlinien bei deiner Antragstellung für eine ICSI machen?  Wenn ja, würde ich mich über einen Kommentar freuen!

Herzliche Grüße

Silke

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Literatur:

Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über ärztliche Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung (“Richtlinien über künstliche Befruchtung”) in der Fassung vom 14. August 1990 (veröffentlicht im Bundesarbeitsblatt Nr. 12 vom 30. November 1990) zuletzt geändert am 26. Februar 2002 (veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr. 92 am 22. Mai 2002).

Gemeinsamer Bundesausschuss, Tragende Gründe zum Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung Richtlinien über künstliche Befruchtung (KB-RL): Spermiogrammparameter für eine Indikation zur Intracytoplasmatischen Spermieninjektion statt In-vitro-Fertilisation, 16. März 2017.

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