Wenn die künstliche Befruchtung nicht klappt, stellt sich die Frage nach den Schwangerschaftschancen eines Paares bei weiteren IVF bzw. ICSI Versuchen. Heute möchte ich dir eine retrospektive Analyse vorstellen, die dieser Frage für eine bestimmte Gruppe von Frauen mit Kinderwunsch, nämlich der der sogenannten Low Responder, nachgegangen ist.

Schwangerschaftsraten bei Low Responder

In dieser retrospektiven Analyse  geht es um die Gruppe der sogenannten Low Responder. Als Low Responder werden in der Reproduktionsmedizin Frauen bezeichnet, die nicht gut auf die Hormonstimulation im Rahmen einer IVF oder einer ICSI ansprechen. Dieses schlechte Ansprechen auf die Behandlung wird nach den sogenannten Bologna Kriterien definiert.

Mindestens 2 der folgenden 3 Kriterien müssen zutreffen:

  • Alter der Frau > 40 Jahre
  • Schlechtes Ansprechen im Rahmen einer ovariellen Stimulation für die assistierte Reproduktion mit der Gewinnung von ≤ 3 Eizellen
  • Niedriger antraler Follikelcount (<7) oder AMH unter 0.5–1.1 ng/ml

Die restrospektive Analyse ist der Frage nachgegangen, wie hoch die Chance von Low Responder bei weiteren Ivf bzw. ICSI Behandlungen ist.

Dazu wurden 821 Low Responder und ihre Chance auf eine Lebendgeburt untersucht. Die meisten der in die Analyse einbezogenen Frauen waren über 40 Jahre alt und hatten entweder in den vorangehenden Versuchen wenige Eizellen (3 Eizellen oder weniger) oder wiesen einen geringen antralen Follikelcount auf (<7).

Low Responder Chancen

Das Ergebnis der Analyse ist leider wenig erbaulich.

Bei den Frauen, die 40 Jahre und älter waren und bei denen in den bisherigen IVF- bzw. ICSI Versuchen nur wenige Eizellen punktiert werden konnten , lag die Lebendgeburtenrate bei weiteren Versuchen mit 2,3% extrem niedrig. Etwas besser schnitten Frauen ab, die jünger als 40 Jahre alt waren, aber trotzdem wenige Eizellen und einen niedrigen antralen Follikelcount aufwiesen. Hier lag die Lebendgeburtenrate bei 8,7%.

Insgesamt sind diese Zahlen sehr unerfreulich und sie machen deutlich, wie bedeutsam eine Beratung im Vorfeld einer IVF oder ICSI ist.

Ich finde es sehr wichtig, dass Kinderwunsch Paare um ihre Chancen auf Erfolg bzw. Misserfolg wissen und entsprechend aufgeklärt und beraten werden.

Die Chance von Frauen, die über 40 Jahre alt sind und die wenige Eizellen pro Versuch haben, sind leider nicht gut. Und das sollte im Rahmen einer Beratung deutlich kommuniziert werden.

Eine Lebendgeburtenrate von 2,3% führt für mich auch zwangsläufig zu der Frage, ob sich das jeweils betroffene Paar Gedanken über alternative Wege zum Wunschkind gemacht hat. Auch ein Abschiednehmen vom Kinderwunsch sollte in einer Beratung thematisiert werden.

Herzliche Grüße

Silke

Literatur:

  • Gurkan Bozdag et al.: Live birth rates in various subgroups of poor ovarian responders fulfilling the Bologna criteria. Reproductive Biomedicine Online, June 2017 Volume 34, Issue 6, Pages 639–644.
  • Johnny S. Younis et al.: The Bologna criteria for poor ovarian response: a contemporary critical appraisal. J Ovarian Res. 2015; 8: 76.